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Freitag, 18. Oktober 2013

Restaurantkritik München: Tramin

Das Tramin ist ein eher unkonventionelles Spitzenrestaurant. Innerhalb weniger Jahre hat es sich durch kompromißlose Qualität einen Michelin-Stern erarbeitet. Kreative Kochkunst steht hier klar im Mittelpunkt, wer livrierte Diener und schwere Tischdecken erwartet, ist hier fehl am Platz.
Das Restaurant in klein und schlicht, aber doch gemütlich eingerichtet. Auch von der Lage her eher unauffällig in einer Wohnstraße im Münchener Viertel Haidhausen gelegen.
Aber nicht nur das Ambiente ist ungewöhnlich, sondern auch, daß der Gast das Programm des Kochs mitgehen muß, d.h. es wird gegessen, was auf den Tisch kommt. Unverträglichkeiten und Allergien kann man jedoch anmelden, wobei er z.B. auf Laktoseintoleranz keine Rücksicht nehmen kann oder möchte. Enthüllt wird das Geheimnis der Menüs nur Gang für Gang, wahrscheinlich auch um mögliche Einwände der Gäste zu vermeiden. Selbstverständlich ändert sich das Programm auch im Zeitablauf, sicherlich auch abhängig davon, welche Zutaten gut und frisch zu bekommen sind.
Es gibt drei Menüs in einem Spektrum von vier bis sieben Gängen, genannt Gegenwart, Zukunft und Vision. Dazwischen gibt es noch diverse Grüße aus der Küche, die auch sehr originell sind. Hier das getestete Menü Zukunft mit fünf Gängen, wie gesagt aber nur als Beispiel, das ändert sich:

1. Vorspeise: Carabineros (sehr hochwertige Tiefseegarnelen) mit Grapefruit, Cocos, Curry und Avocado
2. Zwischengericht: Kabeljau mit Spitzkraut, Safran, Aioli
3. Zwischengericht: Graupenrisotto mit Oktopus, Herzmuschel und Wasabi
4. Hauptgang: Entenkeule, confiert (im eigenen Fett gegart), mit Entenleber, Karotte, Erbsen, Shii Take, Pata Negra
5. Dessert: Fragolino mit Valrhona Schokolade, Lakritze, Zuckersegel mit Salz

Alle Gänge waren in hervorragender Qualität zubereitet. Dennoch gilt hier das oben gesagte, aus einer Speisekarte hätte ich dieses Menü nicht so bestellt. Zum einen wegen der Graupen, dieser Gang war zudem recht scharf gewürzt, so daß der Oktopus geschmacklich etwas unterging. Ebenfalls abgeschreckt hätte mich die Entenleber im Hauptgang. Diese schmeckte allerdings zusammen mit dem durchgegarten Fleisch wirklich sehr gut. Das Dessert war etwas trocken, sehr originell allerdings das salzige Zuckersegel in Kombination mit der süßen Erdbeere.
Schön ist auch die Weinkarte, die ein durchaus faires Preis-Leistungsverhältnis bietet. Keine ganz riesige Auswahl, aber völlig ausreichend für eine genußvolle Begleitung der Speisen.
Das Tramin zielt auf ein aufgeschlossenes Publikum mit einem Sinn für feine und kreative Kochkunst. Freunde der konservativen Spitzengastronomie werden hier nicht richtig glücklich werden. Pudelwohl fühlt man sich hier hingegen, wenn einen das Getue in traditionellen Sternerestaurants und deren angespannte Atmosphäre eher nervt. Das Tramin polarisiert bewußt etwas, was man auch aus den Kritiken im Internet herausliest. Traditionelle Erwartungen werden nicht unbedingt erfüllt, aber es wird absolut klasse gekocht und nett und unkompliziert serviert.